adaptives Lernen
Training & Learning

7 Fragen über adaptives Lernen: kurzlebige Technologie oder wahre Revolution?

Sie träumen von einem vollständig personalisierten Lernpfad, der auf den Lernbedarf jedes einzelnen Mitarbeitenden zugeschnitten ist – und das alles ganz automatisch? Genau das verspricht das adaptive Lernen, eine neue Technologie, die in der Personalentwicklung an Fahrt auf nimmt. 

Aber handelt es sich dabei lediglich um einen kurzlebigen Trend oder um die Zukunft der beruflichen Weiterbildung? 

In diesem Artikel erfahren Sie mehr über den aktuellen Stand der Wissenschaft im Bereich adaptives Lernen, seine Vorteile und wie Sie es schon jetzt für Ihre Mitarbeiterschulungen nutzen können.

Was ist adaptives Lernen? 

Adaptives Lernen oder auch Adaptive Learning ist eine Lerntechnologie, mit der Ihren Mitarbeiter:innen ein personalisiertes Lernen ermöglicht wird.

Die Idee dahinter ist einfach: Adaptives Lernen stützt sich auf eine künstliche Intelligenz, die die nötigen Lehrinhalte auswählt, damit die Lernenden abhängig von ihrem individuellen Profil Kenntnisse hinzugewinnen können. 

Das bedeutet, dass die Algorithmen den Mitarbeiter:innen auf sie persönlich abgestimmte Lernpfade, Inhalte und Lernformate vorschlagen. Sie passen diese Elemente an den Bedarf jeder und jedes einzelnen Lernenden an, sowohl in Hinblick auf den Kompetenzaufbau als auch die Karriereentwicklung. 

Üblicherweise lässt sich bei einer Software für adaptives Lernen Folgendes anpassen: 

  • Das Lernformat (Die angewandte Lernmethode wird an die Mitarbeiter:innen angepasst.)
  • Die Lernreihenfolge (d. h., der Zeitpunkt, zu dem ein Modul verglichen mit einem anderen im Lernpfad erscheint)
  • Die Schwierigkeitsstufe der Schulung

Wenn etwa ein Mitarbeiter bei einer Zwischenbewertung (z. B. bei einem Multiple-Choice-Test oder Quiz) schlecht abschneidet, ist die adaptive Lernplattform in der Lage, ihm ein Modul vorzuschlagen, das ihm hilft, die betroffenen Kenntnisse zu wiederholen. 

Ein anderes Beispiel: Wenn eine große Anzahl von Lernenden bei einem Test versagt, wird die KI automatisch die Schwierigkeitsstufe der Bewertung überprüfen. 

Wenn ein Mitarbeiter bei einer Zwischenbewertung schlecht abschneidet, ist die adaptive Lernplattform in der Lage, ihm ein Modul vorzuschlagen, das ihm hilft, die betroffenen Kenntnisse zu wiederholen. 

Wie funktioniert adaptives Lernen konkret?

Wie funktionieren diese neuen Schulungstools, die auf adaptivem Lernen basieren, nun in der Praxis? 

Sie entstehen an der Schnittstelle der folgenden drei Schlüsselelemente: 

  • Neurobiologie: Die Pädagogik im Bereich der beruflichen Weiterbildung interessiert sich mehr als jemals zuvor dafür. Adaptives Lernen beruht auf der Art und Weise, wie das Gehirn beim Lernen arbeitet.
  • Maschinelles Lernen: Es handelt sich um KI-Algorithmen, die Daten über Lernende sowie ihren Lernbedarf analysieren und einsetzen, um den geeigneten Schulungstyp vorherzusagen. 
  • Daten der Lernenden: Die Maschine wird mit all den Daten gefüttert, die Sie über die Lernenden haben. Dabei kann es sich um Daten zu ihrem Beruf, die von ihnen bislang absolvierten Schulungen, ihr Verhalten während des von ihnen besuchten Schulungskurses oder ihren Bedarf und ihre Erwartungen in Bezug auf die Schulung handeln. 

Dank dieser drei Grundpfeiler kann die adaptive Lernsoftware die Lernpfade und Lernmodule, die sie den Mitarbeiter:innen vorschlägt, automatisch in Echtzeit anpassen. 

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Worin besteht der Unterschied zwischen adaptivem und maschinellem Lernen? 

Diese beiden Begriffe mögen sehr ähnlich klingen, zumal oft vom „adaptiven maschinellen Lernen“ gesprochen wird. 

Beim maschinellen Lernen wird die KI-Technik genutzt, um adaptives Lernen zu ermöglichen. Einfach ausgedrückt handelt es sich um eine Technologie, mit deren Hilfe der Algorithmus lernen kann, ohne dass er dafür programmiert wurde. 

Adaptives Lernen ist also eine Methode des maschinellen Lernens, bei der die Maschine mit den Daten des Lernenden „gefüttert“ und versteht, was dieser nach und nach braucht, um ihm im richtigen Moment die richtigen Materialien für den Kompetenzaufbau zu liefern.

Beim maschinellen Lernen wird die KI-Technik genutzt, um adaptives Lernen zu ermöglichen.

Worin besteht der Unterschied zwischen adaptivem Micro- und Macrolearning?

Im Allgemeinen werden zwei Arten von adaptivem Lernen unterschieden, die zu einem unterschiedlichen Lernkonzept führen. 

  • Einerseits beruht das adaptive Macrolearning auf dem Einsatz einer Technologie für die Personalisierung des Lernpfads. Anhand der von der Software analysierten Daten wird den Lernenden jedes Modul genau in dem Moment vorgeschlagen, in dem sie es benötigen. So ist der Lerninhalt für alle Lernenden derselbe, aber die Reihenfolge, in der die Module absolviert werden, und die Geschwindigkeit, mit der sie im Lernpfad erscheinen, können sich unterscheiden.
  • Andererseits wird das adaptive Microlearning genutzt, um den Schulungsinhalt selbst zu personalisieren. Die Module und die Lernmaterialien der Mitarbeitenden können sich somit voneinander unterscheiden, wodurch das Lernen noch stärker personalisiert wird.

Was sind die Vor- und Nachteile des adaptiven Lernens? 

Adaptives Lernen begeistert insbesondere Unternehmen, die bei der Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden auf Online-Schulungen setzen. Und das hat seine guten Gründe:

  • Personalisierung und Anpassung von Schulungen, wodurch Lernziele effizient erreicht werden können
  • Rascherer Kompetenzaufbau (oder zumindest in der optimalen Geschwindigkeit), denn die Lernenden werden nur in den Themenbereichen geschult, bei denen wirklich ein Lernbedarf besteht
  • Gesteigertes Engagement der Lernenden durch die Personalisierung der Schulung, die so eine optimale Lernerfahrung bietet
  • Bessere Abspeicherung von Wissen: Bei Bedarf bietet die Maschine regelmäßig Überprüfungen des zuvor angeeigneten Wissens an. 
  • Zeitersparnis bei der Verwaltung der digitalen Schulung: Die Maschine entscheidet, welche Schulungsprogramme und welche Module die Lernenden jeweils absolvieren müssen.

Allerdings gibt es auch beim Adaptive Learning einige wichtige Punkte, auf die man achten sollte.

Zum einen setzt diese Technologie voraus, dass – wenn sie in einem rein digitalen Rahmen verwendet wird –  es kein menschliches Eingreifen mehr in den Lernpfad der Lernenden gibt. Steuern wir also auf eine Entmenschlichung der Schulungen zu? Sie werden im weiteren Verlauf des Artikels entdecken, dass dieser Punkt durch Mischformen bei Schulungen (man spricht auch von Blended Learning) überholt ist. 

Zum anderen sind adaptive Lernplattformen derzeit noch ein neuer Trend, der sich erst entwickelt. Aus diesem Grund kann auch die Qualität der Vorschläge des Algorithmus zwischen den verschiedenen Plattformen schwanken und ihre Handhabung kann manchmal schwierig sein. 

Was auch immer die Herausforderung sein mag: Adaptives Lernen führt keinesfalls dazu, dass das L&D-Team ohne Arbeit dasteht! Tatsächlich sind Sie immer noch für das Zusammentragen und die Bewertung der Daten verantwortlich, die Sie der KI zu Verfügung stellen, – was eine echte Herausforderung sein kann!

Adaptive Lernplattformen sind ein neuer Trend. Deshalb kann auch die Qualität der Vorschläge des Algorithmus zwischen den verschiedenen Plattformen schwanken und ihre Handhabung schwierig sein. 

Wie wird das adaptive Lernen in ein LMS eingebunden? 

Sie besitzen zweifellos schon eine LMS-Plattform (Learning Management System), auf der Sie Ihren Mitarbeitenden Ihre Schulungen zur Verfügung stellen können. Wie kann ein solches Tool nun durch adaptives Lernen ergänzt werden?

Zunächst verfügen die Lernenden in der Regel über einen virtuellen Coach, der sich in Form eines Chats mit ihnen austauscht. Anhand dieses Datenaustauschs werden verschiedene Themen vorgeschlagen, welche die Mitarbeitenden lernen müssen, oder Lernformate empfohlen, unter denen sie diese anschauen sollen. Der Coach schickt auch Erinnerungen an die Lernenden, um sicherzustellen, dass sie bei ihrer Schulung Einsatz zeigen. 

Außerdem erfordert eine adaptive Lernplattform, dass das L&D-Team einen Aufgabenkatalog (oder Kompetenzkatalog) einbindet. In diesem sind alle Kenntnisse kategorisiert, die das Unternehmen benötigt, und sie werden mit den entsprechenden Lernpfaden und -modulen verknüpft, sodass die KI verstehen kann, welche Elemente sie den Lernenden vorschlagen soll. 

Und schließlich muss die L&D-Abteilung einen Fragenkatalog zu jeder Kompetenz erstellen, der in die Plattform eingebunden ist. Dann kann die KI den Lernenden je nach Niveau und Fortschritt im Lernpfad passende Fragen bei der Zwischenbewertung stellen, um zu überprüfen, welche Kenntnisse sie schon hinzugewonnen haben.

Wie betten Sie das adaptive Lernen in eine digitale Lernstrategie ein? 

Adaptives Lernen ist ein noch junger Trend, der sich noch weiterentwickeln muss, um einfach in einem Unternehmen oder einer Bildungseinrichtung eingesetzt werden zu können. Trotzdem kann es interessant sein, diese Technologie bereits jetzt zu testen! 

Dazu müssen Sie sicherstellen, dass das adaptive Lernen zum Kompetenzaufbau Ihrer Mitarbeitenden genutzt wird und nicht zu einem zusätzlichen „Lerngadget“ verkommt. 

Derzeit können Sie hierfür das adaptive Lernen zunächst im digitalen Teil Ihrer Lernpfade ausprobieren. Beobachten Sie, wie der Algorithmus die zu absolvierenden digitalen Module auswählt (E-Learning, Lernen mit Videos, Microlearning, Multiple-Choice-Test, Quiz …) und die Zwischenbewertungen organisiert, um eine Ahnung davon zu bekommen, wie die Software Ihren Lernenden nutzen kann. 

Achten Sie aber gleichzeitig immer darauf, in Ihren Lernpfaden auch Lernformate mit Trainern einzubinden, d. h. auf Blended Learning zu setzen. Eine Entmenschlichung Ihrer Lernpfade sollte vermieden werden! Sie können ein virtuelles Klassenzimmer, einen MOOC oder sogar eine Schulung in Präsenz in ein hybrides Schulungsprogramm einbinden. Vergessen Sie nicht, dass Ihre Lernenden für einen dynamischen Lernpfad und maximales Engagement Abwechslung brauchen!

Letzter wichtiger Punkt: Es kann auch interessant sein, einen adaptiven Lernpfad mit individuellem Mitarbeiter-Coaching, Tutorien oder Mentoring zu verknüpfen. Mit diesen kollaborativen Lernformaten soll sichergestellt werden, dass die Lernenden ihre neuen Kenntnisse, ihr Know-how und ihre persönlichkeitsbezogenen Kompetenzen in ihrem Berufsalltag einsetzen können. 

Dieser kollaborative Aspekt ist wesentlich, um Soft Skills zu erlernen, während das adaptive Lernen sich eher für Hard Skills eignet. 

Wird das adaptive Lernen die Schulungen in Unternehmen nun revolutionieren? Vielleicht wird sich die Technologie in den kommenden Jahren durchsetzen, um Schulungen mit mehr Gespür zu personalisieren. 

Das Wichtigste im Moment ist jedoch, dass sich Ihre Wahl des Lernformats – mit oder ohne KI – darauf stützt, wie Ihren Mitarbeiter:innen bestmöglich bei der Erreichung ihrer Lernziele geholfen werden kann. 

Und selbst wenn Ihnen in Zukunft die Technologie einige Ihrer strategischen Entscheidungen abnimmt, können Sie beruhigt sein: Als die Person, die die Verantwortung für Schulungen trägt, müssen Sie diese Strategie immer beurteilen und für die Wirksamkeit Ihrer Lernpfade bürgen! Kurzum: Sogar, wenn die Schulungen immer weiter digitalisiert werden, ist Ihre Funktion als Ausbildungsleiter:in unerlässlich: Denn ohne den Menschen ist die Maschine nichts.