Die Geschäftswelt entwickelt sich in einer noch nie dagewesenen Geschwindigkeit. Technologien und Innovationen wie z.B. künstliche Intelligenz verändern Branchen, neue Märkte entstehen und das Verbraucherverhalten in Deutschland wandelt sich grundlegend. Mitarbeiter:innen müssen schnell lernen und sich rasch an häufige Veränderungen anpassen, um mit dem schwindelerregenden Tempo Schritt zu halten.
Für die Personalentwicklung von heute sind agiles Lernen und agiles Arbeiten längst kein utopisches Ziel mehr. Stattdessen hat der jüngste tiefgreifende Wandel in der Arbeitsweise von Teams und Organisationen den Bedarf für agiles Lernen ins Hier und Jetzt katapultiert.
Beim agilen Lernen dreht sich alles um konstante Ergebnisse, laufendes Feedback und häufige Überarbeitungen. Dies hilft den Lernenden dabei, allen unvorhersehbaren Veränderungen gewachsen zu sein.
Agiles Lernen ist ein relativ neuer Ansatz im L&D (Stichwort: New Learning), bei dem das Augenmerk auf Flexibilität, Zusammenarbeit und Schnelligkeit liegt. Genauer gesagt bedeutet Agilität, dass beim Lernen – sowohl für die Lerninhalte als auch für die Programme – ein fortlaufender Ansatz verfolgt wird. Hierfür werden kontinuierliche Feedback-Prozesse eingerichtet, um die Kursgestaltung regelmäßig zu überarbeiten und ein hochgradig kollaborativesArbeitsumfeld zu schaffen.
Beim Wort agil klingelt es bei Ihnen? Das liegt wahrscheinlich daran, dass es von den Prinzipien des Agilen Manifests stammt. 2001 leistete eine Gruppe von Softwareentwicklern Pionierarbeit mit dem Konzept des agilen Manifests: Agiles Arbeiten sollte ihnen helfen, Anwendungen effizienter zu gestalten, indem sie die Softwareentwicklung neuer Programme in kleineren Häppchen unterteilten, Feedback einholten und dieses zwischen den einzelnen Arbeitsgängen umsetzten.
Das half ihnen dabei, die Fortschritte im Arbeitskontext zu beurteilen und ihre Ziele nicht aus den Augen zu verlieren – und zwar während der Entwicklung und nicht nach einem Jahr harter Arbeit an einem riesigen Projekt der Softwareentwicklung, ohne jegliche Überprüfung, ob sie überhaupt auf dem richtigen Weg waren.
Der schrittweise Ansatz beim agilen Lernen ermöglicht es Ihnen, während des Entwicklungsprozesses Anpassungen vorzunehmen, da Sie mehr über die Lernziele Ihrer Organisation erfahren und wie Sie diese erreichen können.
Dieses Verfahren unterscheidet sich vom ADDIE-Modell, einer linearen Lern- und Entwicklungsmethode. Es beruht auf den Schritten Analyse, Design, Entwicklung, Umsetzung und Bewertung (Analysis, Design, Development, Implementation und Evaluation, abgekürzt ADDIE), die nacheinander und in entsprechender Reihenfolge ausgeführt werden müssen. Mit ADDIE stellen Sie einen umfassenden Plan zu Beginn eines Projekts auf, wenn Sie noch am wenigsten darüber wissen, was zu Frustration und schlechtem Kursdesign führen kann.
Die Einführung von agilen Methoden macht Ihr Unternehmen flexibler, weil Sie den Mitarbeitenden Zeit geben, um Dinge auszuprobieren. Da es nicht den einen „richtigen Weg“ gibt, um mehr Agilität und selbstgesteuertes Lernen umzusetzen, können Sie erkunden, was am besten in Ihrer Organisation funktioniert und das Rätselraten vermeiden, das mit der Gestaltung von Lernprojekten und -Programmen einhergeht.
Statt Ihre L&D-Teams raten zu lassen, welche Themen und Fähigkeiten Ihre Mitarbeitenden lernen sollen, können Sie den Lernbedarf ermitteln und Ihre Kurse auf das abstimmen, was Ihr Unternehmen am dringendsten braucht und welche neuen Anforderungen Ihre Lernenden zu einem beliebigen Zeitpunkt tatsächlich einfordern.
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Agiles Lernen ist eng mit Collaborative Learning verknüpft. Es gibt Personen auf allen Ebenen des Unternehmens die Möglichkeit, Kurse anzufragen, zu erstellen und zu überarbeiten. Das hat damit zu tun, dass beim agilen Lernen eine ständige Neubewertung der Lernziele stattfindet, was am besten funktioniert, wenn alle sich zu den Lernformaten und zu ihren Lernerfahrungen äußern und wie sie verbessert werden können.
Wenn Manager:innen auf Nachfrageorientierung setzen, den (oft von den Lernenden selbst geäußerten) Lernbedarf beurteilen und Schulungsmaterialien erstellen, entspricht das einem Bottom-up-Ansatz in der Personalentwicklung, bei dem alle in Ihrer Organisation proaktiv melden kann, wo Wissenslücken liegen. Diese Art der Zusammenarbeit zwischen Teams und Abteilungen trägt dazu bei, eine gemeinsame Unternehmenskultur aufzubauen und eine Lernumgebung zu schaffen, welche die Innovation und den Einfallsreichtum beflügeln.
Beim Collaborative Learning teilen die Mitarbeitenden ihr Wissen, indem sie einander etwas beibringen und gleichzeitig voneinander lernen. Darüber hinaus können Sie durch das Lernen in Gruppen die Fähigkeiten und das institutionelle Wissen Ihres Teams nutzen, um Ihre Schulungsprozesse und Kurse zu verbessern.
Bei richtiger Umsetzung können agile Arbeitsweisen und agile Prinzipien dazu beitragen, eine kreativere Arbeits- und Lernumgebung zu fördern. Die Lernenden erleben Lernerfolge, weil die Lernumgebung allen die Möglichkeit gibt, sich in das Geschehen einzubringen, wodurch die Mitarbeitenden sich mit ihrer Arbeit stärker verbunden und engagierter fühlen. Agiles Lernen sorgt auch für neue Perspektiven und Ideen, indem es den Mitarbeitenden, die bislang möglicherweise ausgeschlossen waren, eine gleichberechtigte Stimme gibt.
Wenn Sie auf agile Methoden setzen, können Sie eine echte Lernende Organisation und eine konstruktive Fehlerkultur schaffen: In einer solchen wird Wissen geteilt, Fehler gelten als Chance zum Lernen und alle werden dazu ermutigt, den anderen Wissen zu vermitteln sowie selbst jede Gelegenheit zum Lernen zu nutzen.
Agile Methoden helfen Ihren Mitarbeitende nicht nur dabei, ihre Lernkompetenzen auszubauen, sondern auch schneller zu lernen, indem es die Wartezeit zwischen den Mitarbeiterschulungen verkürzt. Lernende gewinnen zudem durch rascheres Feedback an Selbstsicherheit und der Fähigkeit zur Selbststeuerung, was zu einem zügigeren Upskilling führt.
Agiles Lernen hilft Ihrem L&D-Team dabei, die Kurserstellung zu beschleunigen, indem es sich auf die rasche Überarbeitung von Ideen konzentriert. So wird der Arbeitsprozess der Gestaltung und Optimierung von Lernprogrammen vorangetrieben. Durch den Einsatz eines sich wiederholenden Designs, um regelmäßige, kleine Änderungen vorzunehmen, kann Ihr Team Programme schneller herausbringen und Ihren Mitarbeitenden stehen mehr und qualitativ bessere Kursinhalte und Lernformate zur Verfügung
Um von einem traditionelleren zu einem agilen Lern- und Arbeitsumfeld zu wechseln, bedarf es Zeit. Agiles Lernen umfasst auch einen Wandel der Denkweise, was grundlegende Änderungen inner- und außerhalb Ihrer L&D-Abteilung erfordert. Sie können diese Richtlinien zum Erleichtern des Prozesses und zum Ausprobieren agiler Lernformate und Lernmethoden nutzen, um sicherzustellen, dass sie sich für Ihre Organisation eignen.
Erzählen Sie Ihrem Team von der Unternehmenskultur, die Sie schaffen möchten. Wenden Sie sich anschließend an Interessenvertreter:innen, die Vorstandsebene und Abteilungsleiter:innen, um die spezifischen Vorteile agilen Lernens und agiler Lernformate für Ihr Team und Ihre Organisation zu besprechen. Stoßen Sie auf der Suche nach Unterstützung Gespräche und Diskussionen mit allen in Ihrer Organisation an und stellen Sie sicher, dass Sie keine Abteilungen auslassen.
Statt zu versuchen, die Kursinhalte und Lernformate zu perfektionieren, bevor Ihr Team sie den Lernenden zur Verfügung stellt, arbeiten Sie an schnell lieferbaren Ergebnissen, holen Sie anschließend Feedback dazu ein und nutzen Sie dieses für Überarbeitungen und Änderungen. Um diesen Arbeitsprozess effizienter zu gestalten, geben Sie den Lernenden mehrere Möglichkeiten, um innerhalb der Kurse Feedback zu hinterlassen.
Auf diese Weise kann Ihr L&D-Team Kurse mit hoher Priorität, die rasch abgeschlossen werden sollen, hinzufügen – z. B. beim Onboarding oder in Bezug auf besondere Kenntnisse, die für ein aktuelles, dringendes Projekt benötigt werden. Wenn Sie mithilfe von Microlearning Kurse in kleinere Häppchen aufteilen, können Sie das Engagement steigern und den Wissenserhalt fördern.
Geben Sie allen Mitarbeitenden in Ihrer Organisation die Möglichkeit, sich am Lernprozess zu beteiligen, indem Sie ihnen den Zugang und die Autorentools zur Gestaltung eigener Kurse zur Verfügung stellen. Setzen Sie Ziele für den Wandel und kontrollieren Sie immer wieder, wohin die Entwicklung geht: Legen Sie dafür mindestens ein bewertbares Ziel fest und überprüfen Sie regelmäßig Ihren Fortschritt, um sicherzustellen, dass Sie sich weiterhin auf dem Weg zu einer agilen Lernkultur befinden. Bleiben Sie immer flexibel, sodass Sie im Fall rasche Anpassungen vornehmen können.
Loben Sie Ihre Mitarbeitenden und belohnen Sie sie, wenn sie Zwischenziele in Ihren Schulungen erreichen und ermutigen Sie sie, für das Lernteam der anderen Mitarbeitenden als Lerncoach zu fungieren und sie beim Lernen zu unterstützen.
Versuchen Sie, agile Tools zu nutzen und Wege finden, diese in die alltäglichen Prozesse einzubinden. Anschließend fügen Sie im Laufe der Zeit einen oder zwei Teile des agilen Prozesses hinzu.
Jedes L&D-Team braucht etwas anderes. Daher müssen Sie die Methoden und Strategien auswählen, die sich für Ihr Unternehmen richtig anfühlen. Da es nicht nur einen Weg gibt, um eine agile Lernkultur umzusetzen, können Sie Ihre Prozesse ganz flexibel gestalten. Experimentieren Sie mit verschiedenen Stilen und Verfahren – kombinieren Sie agile Prinzipien auf Wunsch –, bis sie eine passende Art und Weise gefunden haben. Agiles Lernen kann an die Anforderungen Ihres Unternehmens angepasst werden, egal wie diese sich in Zukunft verändern oder wohin sie sich entwickeln.
Mike Clark, einer der leitenden L&D-Experten bei bluebird bio, warnt davor, dass der Wechsel von einem Wasserfallmodell zu einem iterativen L&D-Ansatz kein Klacks sein wird. Zu Beginn des Umstiegs, sollten Sie ihm zufolge „versuchen, agile Tools zu nutzen und Wege finden, diese in die alltäglichen Prozesse einzubinden. Anschließend fügen Sie im Laufe der Zeit einen oder zwei Teile des agilen Prozesses hinzu. Und Sie sollten verstehen, dass die Regeln der agilen Methodik Ihnen helfen sollen. Wenn etwas für Ihre Organisation nicht unbedingt funktioniert, denken Sie daran, dass es ein flexibler Prozess ist, so wie alles andere auch.“
Sie müssen Ihre L&D-Abteilung nicht umfassend umstrukturieren, um den Wechsel zum agilen Lernen einzuleiten. Suchen Sie sich stattdessen, sobald Sie bereit sind, ein unkritisches Projekt unter Ihren Aufträgen und beginnen Sie zu experimentieren.