Beschäftigte in den USA wollen lernen – haben aber keine Zeit
Wie möchten Mitarbeiter:innen US-amerikanischer Unternehmen am Arbeitsplatz lernen? Welche Hindernisse stellen sich ihnen in den Weg? Verstehen L&D-Manager:innen ihre Herausforderungen? Wir haben unsere wichtigsten Erkenntnisse darüber zusammengetragen, wie Lernende und Personalentwickler:innen in den USA das Lernen im Arbeitsprozess angehen, und herausgefunden, wo die größten Verbesserungspotenziale liegen.
Die Daten in diesem Kapitel stammen von 500 US-amerikanischen Angestellten (Lernenden) und 252 US-amerikanischen L&D-Manager:innen.
Was motiviert Angestellte, zu lernen?
Um zu verstehen, was Lernende brauchen, müssen wir erst verstehen, warum sie lernen. Was sagen uns also die Zahlen darüber, was Menschen zum Lernen motiviert?
Aus unserer Umfrage geht hervor, dass die Mehrheit der US-Beschäftigten Lernen eher pragmatisch sieht: 75 % geben an, dass sie am Arbeitsplatz lernen, um ihre Arbeit besser zu machen. Auch wollen sie sich gut bei der Arbeit fühlen: Der zweithäufigste Grund für die Teilnahme an Weiterbildungen (66 %) ist „die eigene Motivation und das Selbstvertrauen bei der Arbeit“. Dies deckt sich gut mit dem Hauptgrund, aus dem Personalmanager:innen ihren Mitarbeiter:innen Schulungen empfehlen, nämlich um „die Kompetenzen für ihre Tätigkeit zu verbessern“.
Während einige das Lernen als Weg zu einer Beförderung, einem Jobwechsel oder sogar als willkommene Abwechslung zum Büroalltag betrachten, stimmen fast alle darin überein, dass Training dann am nützlichsten ist, wenn es Beschäftigte dazu befähigt, die Herausforderungen ihrer aktuellen Tätigkeit besser zu meistern.
Das bedeutet jedoch nicht, dass sich die Beschäftigten nur auf Kurse konzentrieren, die ihnen kurzfristig helfen. Tatsächlich sind die meisten bestrebt, alle Lernmöglichkeiten zu nutzen, die sich ihnen bieten: 68 % geben an, dass sie jede Lernmöglichkeit in ihrem Unternehmen wahrnehmen, während 22 % angeben, dass sie nur an Schulungen teilnehmen, die ausschließlich mit ihrer Arbeit zu tun haben, und 11 %, die nur Pflichtschulungen absolvieren.
68 % geben an, dass sie jede Lernmöglichkeit in ihrem Unternehmen wahrnehmen, während 22 % angeben, dass sie nur an Schulungen teilnehmen, die ausschließlich mit ihrer Arbeit zu tun haben, und 11 %, die nur Pflichtschulungen absolvieren.
Auf die Frage, was sie davon abhält, bei der Arbeit zu lernen, war die häufigste Antwort (38 %): „Nichts, ich lerne sehr viel bei der Arbeit.“ Dies ist eine hervorragende Nachricht für L&D-Teams, die ihr Unternehmen in eine echte Lernorganisation verwandeln wollen. Trotzdem gibt es immer noch 62 % der Lernenden, die aus diversen Gründen nicht optimal am Arbeitsplatz lernen können.
Peer Learning und Lernen im Arbeitsprozess: Die Lieblinge unter den Lernmethoden
Nicht alle Lernmethoden werden von den Arbeitnehmern als gleich effektiv empfunden – einige erzielen deutlich bessere Ergebnisse als andere.
Von allen Schulungsarten, die Arbeitnehmer am Arbeitsplatz geboten werden, wurde das „Lernen von Kollegen“ von den Lernenden als am effektivsten angesehen: 64 % der Befragten gaben an, dass dies „sehr effektiv“ sei, um ihnen zu helfen, ihre Arbeit zu erledigen. Coaching oder Mentoring lag mit 61 % nicht weit dahinter.
Am anderen Ende des Spektrums wurde traditionelles „von meiner Organisation empfohlenes Online-Lernen (z. B. E-Learning, virtuelle Workshops oder MOOCs)“ nur von 38 % der Befragten als sehr wirksam eingestuft (49 % hielten es für eher wirksam). Hier könnte man vermuten, dass der persönliche Austausch unter Kollegen nützlicher ist, um den Mitarbeitern bei der Erledigung ihrer Aufgaben zu helfen, als top-down empfohlenes Online-Lernen.
Online-Lernen (z. B. E-Learning, virtuelle Workshops oder MOOCs) wurde nur von 38 % der Befragten als sehr wirksam eingestuft.
Es überrascht nicht, dass Zeit eine der größten Herausforderungen beim Lernen am Arbeitsplatz ist. Auch hier haben die Lernenden eine klare Präferenz dafür, wie sie das Lernen in ihren Zeitplan einbinden möchten. Anstatt sich einmal im Jahr für einen Schulungstag zu verpflichten oder sich jeden Tag ein wenig Zeit für E-Learning zu nehmen, ziehen es die Mitarbeitenden bei Weitem vor, „nebenbei zu lernen und jede Gelegenheit zu nutzen, sich auszutauschen oder selbst etwas nachzuschlagen.“
Die Neigung zu kollegialem Austausch und selbstgesteuertem Lernen zeichnet sich hier deutlich ab. Wir sehen auch, dass planmäßiges Lernen, selbst in kleinen Abschnitten, für die meisten Lernenden nicht funktioniert. Stattdessen wollen sie „nebenbei lernen“ und Lösungen für Probleme selbständig finden – und zwar genau dann, wenn sie sie brauchen.
3 Hindernisse, die Beschäftigte und -Personalentwickler:innen in den USA zurückhalten
Die US-Lernenden gaben eher positive Antworten, was den einfachen Zugang zum Lernen und die Effizienz des Lernens betrifft. Die überwältigende Mehrheit (84 %) der Arbeitnehmer, die ihre Rolle wechselten, profitierten beispielsweise von einer formalen Schulung, mit der praktisch alle (92 %) zufrieden oder sehr zufrieden waren.
Auch der Zugang zum Lernen am Arbeitsplatz wird von den Beschäftigten als relativ einfach empfunden, wobei die Mehrheit angibt, dass es „eher leicht zugänglich“ ist:
Aber was müsste geschehen, damit die Mehrheit der Lernenden sagt, dass Lernen am Arbeitsplatz sei „sehr leicht zugänglich“? Immerhin geben 87 % der Arbeitnehmer:innen an, dass sie sich wahrscheinlich noch mehr am Lernen am Arbeitsplatz beteiligen würden, wenn der Zugang zu Kursen einfacher wäre als heute.
Wir haben drei Hindernisse gefunden, die die Personalentwicklung angehen könnte, um die Lernerfahrung zu verbessern.
#1: Zeitmangel
Die größten Hindernisse für die Lernenden sind der Zeitpunkt und die Planung. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, dass es ihnen helfen würde, mehr arbeitsbezogene Lernmöglichkeiten zu nutzen, wenn sie während ihrer Arbeitszeit lernen könnten oder wenn ihr Vorgesetzter ihnen zugunsten des Lernens helfen würde, einen Teil ihrer Arbeit zu verlagern. Diejenigen, die zugaben, dass sie etwas daran hinderte, am Arbeitsplatz zu lernen, gaben an, dass sie keine Zeit hatten und zu beschäftigt waren.
Es überrascht nicht, dass dies nicht nur eine Herausforderung für die Lernenden ist. Auf Seiten der L&D waren Zeit und Ressourcen ebenfalls die größte Herausforderung:
Diese Punkte gehen auf unsere frühere Beobachtung zurück, dass die Mitarbeiter:innen einen kollegialen Ansatz beim Lernen bevorzugen. Peer-to-Peer-Learning ist sowohl für die Lernenden als auch für die L&D-Fachleute ein Segen: Methoden wie das Collaborative Learning, bei denen Kurse dezentral mithilfe interner Fachkräfte entwickelt werden, sparen den L&D-Teams viel Zeit.
Den Angestellten ermöglichen sie praktisches Microlearning, d.h. kurze Kursinhalte aus erster Hand, die einfach in den Arbeitsprozess zu integrieren sind.
#2: Relevanz der Schulungen
Personalentwickler:innen können Weiterbildungsmaßnahmen erfolgreicher machen, indem sie das Kursmaterial noch relevanter gestalten und spezifischer auf die Bedürfnisse der Lernenden zuschneiden. In Bezug auf Managerschulungen gaben beispielsweise 41 % der neuen Manager:innen an, dass die erhaltenen Trainings zu allgemein gehalten waren und nicht auf die Situationen zugeschnitten waren, mit denen sie in ihrer Rolle als Manager:innen konfrontiert wurden.
Doch warum ist das so? Ein Teil des Problems könnte darin liegen, wie die L&D-Teams den Lernbedarf ermitteln. 48 % der Befragten gab an, dass sie den Lernbedarf im Rahmen von Mitarbeitergesprächen ermitteln, was vielleicht nur einmal im Jahr der Fall ist. 12 % gaben an, dass sie den Lernbedarf überhaupt nicht ermitteln. Wird der Lernbedarf jedoch nicht häufig genug ermittelt, ist es für Personaler:innen schwierig, ihn effektiv anzugehen.
Zurück zu Führungskräfteschulungen: 30 % gaben an, dass ihre Schulung nicht zum richtigen Zeitpunkt stattfand, da sie entweder zu früh oder zu spät stattfand. Ein Drittel hätte sich auch gewünscht, dass die Schulung länger gewesen wäre.
Personaler:innen scheinen sich bewusst zu sein, dass die Planung von Managerschulungen nicht immer in die Zeitpläne aller Beteiligten passt. Während 28 % von ihnen sagen, dass ihre Schulungen für neue Führungskräfte fortlaufend stattfinden, geben 20 % an, dass die Schulungen für neue Führungskräfte dann stattfinden, wenn ein Managementprogramm verfügbar ist oder wenn die neuen Führungskräfte an den Schulungen teilnehmen können. Dies unterstreicht erneut das wiederkehrende Problem des Timings: Schulung müssen genau dann stattfindet, wenn sie benötigt wird und am effektivsten ist.
#3: Technische Hürden
Die Mitarbeiter:innen äußern sich begeistert über das Lernen im Prozess der Arbeit und das Lernen mit und von Kolleg:innen. Als größte Hindernisse nennen sie zeitliche Beschränkungen und zu allgemeine Kurse. Eine hervorragende Möglichkeit, das Lernen im Prozess der Arbeit – das definitionsgemäß die Routine eines Mitarbeitenden nicht unterbricht oder ihn von seinen Hauptaufgaben ablenkt – zu erleichtern, sind technische Integrationen.
Wenn Mitarbeitende gezielte Schulungsempfehlungen auf der Grundlage seines Arbeitsablaufs oder Erinnerungen an Kurse erhalten, ohne dabei ihre gewohnte Arbeitsoberfläche verlassen zu müssen, wird das Lernen am Arbeitsplatz wesentlich erleichtert. Anstatt zwischen unzähligen geöffneten Browsertabs zu springen oder sich extra Zeit für das Lernen zu nehmen, können sie nahtlos von der Arbeit zum Kursmaterial und wieder zurück wechseln.
Allerdings weiß fast die Hälfte der L&D-Manager:innen entweder nicht, ob ihr LMS diese Art von Integrationen unterstützen kann, oder sie sind sich sicher, dass sie es nicht können:
Dies ist ein Bereich, den Personaler:innen ausloten können, um Erwartungslücken zu schließen und von guten zu hervorragenden Lernerfahrungen zu gelangen.
Lernen im Prozess der Arbeit zur obersten Priorität machen
Insgesamt haben Personaler:innen Initiativen zum Lernen im Prozess der Arbeit im Blick. Die meisten (75 %) sind zum Beispiel der Meinung, dass sie bereits effektiv Schulungen zum Zeitpunkt des Bedarfs anbieten.
Obwohl diese Zahlen ermutigend sind, ist immerhin noch ein Viertel der L&D-Teams unsicher, ob sie in der Lage sind, die Lerninhalte in den Arbeitsablauf einzubinden, ganz zu schweigen von den von den Lernenden bereits erwähnten Herausforderungen der Zeitplanung und Relevanz.
Vor diesem Hintergrund ist es interessant festzustellen, dass die meisten L&D-Teams dem Workflow-Lernen eine mittlere Bedeutung beimessen. Die meisten räumen ihm heute die gleiche Priorität ein wie vor einem Jahr (62 %), wobei 44 % sagen, dass es heute eine "mittlere" Priorität hat.
Bedenken wir, wie sehr die Beschäftigten das Lernen im Prozess der Arbeit bevorzugen und wie Lernen durch Mangel an Zeit behindert wird, besteht eine große Chance für die Personalentwicklung darin, das Lernen im Prozess der Arbeit von einer mittleren zu einer hohen Priorität zu machen.
Ob durch die Prüfung der Möglichkeit nützlicher Integrationen, die Bereitstellung von Schulungen zum genauen Bedarfszeitpunkt oder die stetige Erfassung von Lernbedarf im Bottom-up-Verfahren – es gibt immer noch Raum für US-amerikanische Personaler:innen, ihren Einfluss auf geschäftskritische Kennzahlen unter Beweis zu stellen. Effizientes, in den Arbeitsablauf eingebundenes Lernen ist dafür ausschlaggebend.
Bedenken wir, wie sehr die Beschäftigten das Lernen im Prozess der Arbeit bevorzugen und wie Lernen durch Mangel an Zeit behindert wird, besteht eine große Chance für die Personalentwicklung darin, das Lernen im Prozess der Arbeit von einer mittleren zu einer hohen Priorität zu machen.
Empfehlungen:
Im Folgenden zeigen wir Möglichkeiten auf, wie L&D-Führungskräfte in den Vereinigten Staaten diese Lücken schließen und das Potenzial des Lernens im Arbeitsalltag nutzen können:
- Vermitteln und nutzen Sie Integrationen, die das Lernen im Arbeitsprozess fördern. Prüfen Sie, wie Sie Ihr LMS in die wichtigsten Tools und Schnittstellen Ihrer Lernenden verknüpfen können.
- Ermitteln Sie Lernbedarf fortlaufend. Um Schulungen relevant gestalten zu können, müssen Sie stetig erfassen, welche Kompetenzlücken Ihre Lernenden füllen müssen.
- Bieten Sie Peer Learning-Initiativen wie Coaching oder Mentoring. Beschäftigte ziehen es vor, von und mit ihren Kollegen zu lernen. Finden Sie heraus, wie Sie diese Art des kollaborativen, kollegialen Lernens entwickeln können.
- Räumen Sie Lernen im Prozess der Arbeit oberste Priorität ein. Ihre Mitarbeiter:innen lernen am besten während ihrer Arbeitsabläufe – nahtlos und praxisnah.
Weitere praktische Empfehlungen für die Einbettung des Lernens in den Arbeitsablauf finden Sie in unserem 6-Schritte-Handbuch. Sie werden lernen:
- Welche Fehler Sie vermeiden sollten
- Warum Sie als erste Maßnahme wiederkehrende Probleme anhand von Daten aufdecken sollten
- Wie Sie Ihre Lernenden besser verstehen
- Wie Sie interne Fachleute einbinden, um das Lernen im Arbeitsprozess zu erleichtern
- Welche Arten von Ressourcen sich am besten für das Lernen im Prozess der Arbeit eignen
Praxisnahes Lernen in 6 einfachen Schritten
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