Kapitel 1: Der Wandel im E-Learning
Eine unserer wichtigsten Erkenntnisse hätten sich die meisten Personalentwickler:innen noch vor wenigen Jahren nicht einmal im Traum ausmalen können: Die Mehrheit der von uns befragten Lernenden ist mit dem Online-Lernangebot ihrer Arbeitgeber zufrieden.
Mehr noch: Sie befinden es für effektiv im Rahmen ihrer Höherqualifizierung und sind davon überzeugt, dass es ihre Arbeitsleistung verbessert.
Insgesamt schnitt das Online-Learning in der Umfrage mit vier von fünf Sternen ab – ein Ergebnis, auf das die gesamte L&D-Community zurecht stolz sein kann.
Insgesamt schnitt das Online-Learning in der Umfrage mit vier von fünf Sternen ab – ein Ergebnis, auf das die L&D-Community stolz sein kann.
Doch nicht nur digitales Lernen findet das Wohlwollen der Befragten. 75 % von ihnen gaben darüber hinaus an, dass sie die Ergebnisse der Arbeit ihres L&D-Teams klar erkennen können.
Insbesondere erachten sie ihre „Lernerfahrungen am Arbeitsplatz“ als interessant und hilfreich.
Auf diese großartigen Erfolge dürfen wir ruhig erst einmal anstoßen. Das hat sich unser Berufsstand auf dem langen Weg von SCORM-Kursen zum Durchklicken bis zu diesem Punkt redlich verdient.
Allerdings heißt das noch lange nicht, dass wir uns jetzt auf unseren Lorbeeren ausruhen können. Die folgenden Kapitel zeigen, dass sich die Frage nach den erzielten Ergebnissen weiterhin stellt.
Schauen wir uns jedoch zunächst an, welche Aspekte Arbeitnehmer:innen genau als effektiv empfinden.
E-Learning ist nicht gleich E-Learning: Was kommt bei Mitarbeitenden gut an – und was nicht?
Auch wenn sich Qualität und Wahrnehmung des Online-Lernens weitgehend verbessert haben, stößt es nicht immer auf vollste Zufriedenheit. In diesen Punkten scheinen sich alle einig zu sein: Mitarbeiter:innen schätzen bequemes und flexibles E-Learning mit für sie relevanten Inhalten, das sie in ihrem eigenen Tempo absolvieren können.
Dagegen stoßen zu lange, sich wiederholende, langweilige oder irrelevante Schulungen ohne Interaktion auf Ablehnung.
Kurz gesagt: Lernende tendieren zu dem, was wir als Collaborative Learning bezeichnen (mehr dazu in Kapitel zwei), und sprechen sich gegen den herkömmlichen Top-down-Ansatz aus. Diese Vorliebe für Peer Learning kam in unserer Umfrage an mehreren wichtigen Stellen zum Ausdruck.
Arbeitnehmende lernen effektiver von ihren Kolleg:innen
Immer wieder gaben die Lernenden an, dass sie das Lernen von Kolleg:innen (egal ob von Teammitgliedern oder Vorgesetzten) für die effektivste Lernmethode halten.
Wir haben bereits erwähnt, dass „Schulungen am Arbeitsplatz“ die meist genannte Antwort auf die Frage nach der Art des Kompetenzerwerbs war. Dicht gefolgt von: „Direktes Lernen von meinen Kolleg:innen“.
Auf die Frage, was den Mitarbeitenden dabei hilft, ihre Arbeit besser zu erledigen, war die meist gewählte Antwort „von meinen Arbeitskolleg:innen lernen“ – und das, obwohl auch „Online-Schulungen“, „Mentoring-Programme“ und „selbstgesteuertes Lernen“ zur Auswahl standen.
Und ohne vorformulierte Optionen? In einem Freitextfeld waren die Begriffe „Kolleg:innen“, „Coworker:innen“ und „Teammitglieder“ direkt nach „Erfahrung“ am häufigsten zu lesen.
Personalentwickler:innen haben digitales Lernen auf die nächste Stufe befördert – daran besteht kein Zweifel. Doch wer zudem noch eine kontextbezogene, flexible und interaktive Online-Erfahrung bieten kann, ist klar im Vorteil.
Durch die Kombination aus den Vorzügen beider Ansätze (zu kollegialem und kollaborativen Online-Learning also) lassen sich Akzeptanz und Engagement in konkrete Ergebnisse verwandeln. Wie wir alle wissen, kann es sich jedoch als äußerst schwierig erweisen, situationsbezogenes Wissen zu erfassen, das Mitarbeitende mündlich untereinander austauschen, wenn sie am selben Schreibtisch sitzen.
Im folgenden Abschnitt werden wir sehen, dass die Bereitstellung von personalisiertem und fachkundigem E-Learning in großem Umfang einer Herkulesaufgabe gleichkommt. Daher erklärt sich auch, warum die Mitarbeiterzufriedenheit hinsichtlich des E-Lernens vor allem in sehr großen Unternehmen noch zu wünschen übrig lässt.
E-Learning in großem Maßstab – eine wahre Herausforderung
Was in einem Unternehmen mit 500 oder sogar 2 000 Mitarbeitenden noch gut machbar ist, wird im Großkonzern zur Mammutaufgabe. Von der Masse an Beteiligten über die verschiedenen Zeitzonen, Sprachen und kulturellen Unterschiede bis hin zum Balanceakt zwischen den unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Abteilungen – effektives E-Lernen gestaltet sich in großen multinationalen Unternehmen deutlich schwieriger als in mittelständischen.
Wie zu erwarten, spiegeln sich diese Herausforderungen auch in unseren Umfrageergebnissen wider. Die Befragten aus Konzernen mit mehr als 5 000 Angestellten sind insgesamt unzufriedener mit ihrem Online-Learning als jene aus Unternehmen mit einer Belegschaft zwischen 51 und 4 999 Mitarbeitenden.
In den USA beispielsweise gaben weniger Mitarbeiter:innen von Großkonzernen an, dass sich ihre Arbeitsleistung durch das von ihrem Arbeitgeber bereitgestellte E-Learning verbessert. Hier lag der Unterschied bei rund 10 % im Vergleich zu den Angestellten aus kleineren Unternehmen.
Beschäftigte in großen Unternehmen sind seltener der Meinung, dass das von ihrem Arbeitgeber angebotene E-Learning ihnen hilft, ihre Arbeit besser zu erledigen.
Auf die Frage, wie eine typische Schulungserfahrung an ihrem Arbeitsplatz aussieht, waren die Mitarbeiter:innen größerer Firmen durchweg etwas zurückhaltender in ihren Antworten:
Die meisten Lernenden in Großkonzernen bewerteten zudem die Qualität des Online-Lernens mit nur 4 Sternen, während alle anderen in kleineren Unternehmen 5 Sterne vergaben. Auch die Anzahl der 3-Sterne-Bewertungen fiel in größeren Unternehmen doppelt so hoch aus.
Und zu guter Letzt konnten wir einen Unterschied in der Wahrnehmung der L&D-Teams feststellen. Während 79 % der Angestellten in kleinen und mittleren Unternehmen klare Ergebnisse der Bemühungen ihrer Personalentwickler:innen erkennen können, gaben dies nur 70 % der Mitarbeitenden in Großunternehmen an.
Dieselbe leichte Differenz wurde mit 80 % zu 72 % auch im Vereinigten Königreich und mit 78 % zu 72 % in Frankreich verzeichnet.
Es scheint also, dass der Wandel des Online-Learnings bereits in weiten Teilen vollzogen ist. In Großunternehmen ist aufgrund der besonderen Herausforderungen jedoch zweifellos noch Luft nach oben.
Wo stehen wir also aktuell? Zusammengenommen zeigen diese Ergebnisse, dass Personalentwickler:innen rundum ganze Arbeit geleistet haben, denn die Lernenden schätzen den Mehrwert des digitalen Lernens weitaus mehr als in den Jahren zuvor.
Flexibles, relevantes und vor allem kollegiales E-Learning stellt in ihren Augen den effektivsten Ansatz dar. Das überrascht kaum, wo doch das Know-how von Kolleg:innen auf institutionellem Wissen beruht, das wiederum eng mit den für eine Leistungssteigerung benötigten Kompetenzen verknüpft ist.
Flexibles, relevantes und vor allem kollegiales Online-Lernen stellt in ihren Augen den effektivsten Ansatz dar.
Es finden sich jedoch auch Hinweise darauf, dass die Bereitstellung eines solchen Online-Learnings in großem Umfang eine echte Herausforderung darstellt. Wie also können Personalentwickler:innen diese Art von praktischem und kontextbezogenem Lernen skalieren?
Gehen wir dieser Frage im nächsten Kapitel auf den Grund.