Kapitel 2: Wie Unternehmen ihre E-Learning-Strategie skalieren können
Für die Bereitstellung von Weiterbildungsangeboten in großem Maßstab stützen wir uns stark auf umfangreiche Sammlungen gebrauchsfertiger Standard-Inhalte ("Off-the-Shelf-Content"). Der Gedanke dahinter: Je größer das Angebot, desto wahrscheinlicher ist für jede und jeden auch etwas dabei.
Immerhin lässt sich die Auswahl bei den meisten Content-Anbietern bis zu einem gewissen Grad personalisieren. So verfügen die Plattformen über Algorithmen, die Ihren Lernenden nach Vollendung einer Mitarbeiterschulung – beispielsweise zu den Grundlagen der Buchhaltung – ähnliche und damit hoffentlich ebenso nützliche Kurse vorschlagen.
Dieser weit verbreitete Ansatz birgt jedoch einige Probleme.
Wie ausgefeilt sie auch sein mögen: Standard-Lerninhalte können niemals so kontextrelevant sein wie von internen Expert:innen erstellte Schulungen.
Zunächst einmal werden gebrauchsfertige Lerninhalte – wie ausgefeilt sie auch sein mögen – niemals so kontextrelevant sein wie von internen Expert:innen erstellte Schulungen. Nehmen wir noch einmal den Buchhaltungskurs als Beispiel. Keine extern erstellte Schulung kann Informationen zu Ihrem individuellen Abrechnungssystem, Ihren Jahresabschlüssen und internen Prozessen liefern. Stattdessen werden darin jegliche Theorien und Möglichkeiten abgehandelt und zum Schluss sind Ihre Mitarbeitenden genauso schlau wie vorher.
Gebrauchsfertige Inhalte haben selbstverständlich ihre Berechtigung. Ihr E-Learning sollte jedoch nicht gänzlich darauf basieren, denn Sie können so viel mehr daraus machen!
Wie sieht es mit personalisierten Algorithmen aus? Wenn sie jenen von Netflix oder Amazon ähneln, erreichen die Inhalte Ihre Lernenden nie zur rechten Zeit. Die Technik ist hier ganz einfach noch nicht ausgereift.
Darüber hinaus werden solche Kurse von den Teilnehmer:innen häufig als langatmig und trocken empfunden. Zudem fehlt ihnen die Möglichkeit, Fragen zu stellen bzw. Feedback zu erhalten. Und nicht zuletzt sind die Schulungen oft veraltet, was die Glaubwürdigkeit des Projekts gefährden kann, falls die Lernenden dahinterkommen.
Der entscheidende Punkt ist jedoch: Werden die fertigen Kurse ohne jegliche Erfolgsmessungen oder als Notlösung für ein tiefgreifenderes Problem eingesetzt, haben Personalentwickler:innen nichts in der Hand, womit sie ihren ROI gegenüber dem Management belegen könnten – ganz gleich, ob die Lernenden die Schulungen als effektiv empfinden oder nicht.
Das alles bedeutet allerdings nicht, dass digitales Lernen prinzipiell nicht skaliert werden kann. Die Lösung liegt vielmehr darin, das interne Fachwissen zu ermitteln, zu erfassen und bereitzustellen.
Interne Expert:innen: Der unterschätzte Schlüssel zu erfolgreichem E-Learning in großem Maßstab
Fachexpert:innen verfügen über jenes wertvolle, kontextbezogene Wissen, das Online-Schulungen überhaupt erst wirksam machen.
Statt eines 0815-Kurses zu den „Grundlagen der Buchhaltung“ können Sie auf diese Weise Schulungen bereitstellen, in denen es um konkrete Probleme geht, die
- sich im betreffenden Team gestellt haben,
- von internen Expert:innen behandelt wurden und
- durch Tools, Prozesse und Kolleg:innen, die den Lernenden bekannt sind, gelöst werden konnten.
Das klingt doch um Welten besser!
Fachexpert:innen verfügen über jenes wertvolle, kontextbezogene Wissen, das Online-Schulungen überhaupt erst wirksam machen.
Darüber hinaus ging aus unserer Umfrage hervor, dass es jene internen Fachexpert:innen zuhauf gibt, sie jedoch stark als Ressource unterschätzt werden und eigentlich nur darauf warten, miteinbezogen zu werden. In den USA gaben beispielsweise 92 % der Befragten an, dass sie über wertvolles Wissen verfügen. Allerdings wurden nur 60 % dazu aufgefordert, es auch mit anderen zu teilen. Und nur ein Viertel der Teilnehmenden ist regelmäßig an der Erstellung von Inhalten beteiligt.
Erfreulicherweise legen die Lernenden zudem großen Wert darauf, als Expert:innen für ihre Arbeit anerkannt zu werden. Die Kurserstellung für ihre Kolleg:innen kommt da wie gerufen. Auf die Frage nach der Wichtigkeit bestimmter Arbeitsaspekte (von 8 Wahlmöglichkeiten), landeten in den USA die Antworten „neue Fähigkeiten erlernen“ und „regelmäßige Gehaltserhöhungen“ auf den ersten Plätzen. Direkt dahinter folgte auf Platz drei „Anerkennung als Experte bzw. Expertin in meinem Fachgebiet“.
In diesem Punkt sind sich die Angestellten einig: Sie verfügen über wertvolles Wissen und wären stolz darauf, von ihren Kolleg:innen als Expert:innen wahrgenommen zu werden. Die besten Grundlagen sind also geschaffen und müssen nur noch richtig von den Personalentwickler:innen genutzt werden.
Die Umstellung weg von Universalkursen und hin zu internem Fachwissen ist entscheidend, um E-Learning in wachsendem Umfang zur Verfügung stellen zu können. Darüber hinaus müssen Sie gewährleisten, dass:
- die Lernenden Fragen stellen und beantworten können,
- die Kurse ansprechend gestaltet sind und
- die Schulungen asynchron und nach Belieben absolviert werden können.
Schließlich sind dies jene Elemente, die laut unserer Umfrage beim E-Learning am Arbeitsplatz am meisten geschätzt werden.
Und welche Methode erfüllt all diese Anforderungen am besten? Die Antwort liegt auf der Hand: Collaborative Learning.
Collaborative Learning verbindet
Collaborative Learning ist eine Methode, bei der die Mitarbeiter:innen ihre Kenntnisse und ihr Fachwissen austauschen. Sie bringen einander etwas bei und lernen gleichzeitig voneinander.
Ein gruppenbasierter Ansatz bereichert die Lernerfahrung, denn auf diese Weise kommen die Fähigkeiten, Ideen und das interne Know-how aller Angestellten zum Einsatz. Durch soziale Interaktion – beispielsweise in Foren – werden Lernergebnisse und Engagement optimiert.
Nick Hernandez, CEO von 360Learning und Pionier des kollaborativen Lernansatzes, beschreibt in seinem kürzlich erschienenen Buch „Collaborative Learning: How to upskill from within and turn L&D into your competitive advantage“ die Geschichte und praktische Anwendungsmöglichkeiten der Methode.
Collaborative Learning wird oft mit kooperativem bzw. sozialem Lernen verwechselt. Hier arbeiten die Lernenden in kleinen Gruppen zusammen, um ein Problem zu lösen oder ein Konzept zu begreifen. Kooperatives Lernen ist ein nützliches Lerntool, aber es in einem Unternehmen umzusetzen, ist schwierig.
Am häufigsten kommt es in Schulen und im höheren Bildungswesen zum Einsatz. Wie das kooperative Lernen fördert auch Collaborative Learning das Denken auf höherer Ebene, die Problemlösekompetenz und die Teamarbeit.
Collaborative Learning lässt sich problemlos digital skalieren und stellt die effizienteste Methode zur Schließung bestehender Skill-Gaps dar.
Entscheidend ist jedoch, dass sich Collaborative Learning problemlos digital skalieren lässt und die effizienteste Methode zur Schließung bestehender Skill-Gaps darstellt – eine absolute Priorität, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden.